Im Mittelalter entstehen im romanischen Kulturraum, wo seit der Antike das Lateinische die wichtigste Wissenschaftssprache bildete, neue, volkssprachliche Wissensnetze: Die Volkssprachen Altfranzösisch, Altitalienisch, Altokzitanisch etc. werden zu fachlich komplexen Wissens- und Wissenschaftssprachen ausgebaut. Das Projekt "ALMA - Sprachdatenbasierte Modellierung von Wissensnetzen in der mittelalterlichen Romania" zielt darauf ab, die Wechselwirkung zwischen Sprache und Wissen(schaft) im romanischen Kulturraum zu untersuchen. Mit den Wissenssprachen werden ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Erbes Europas und ein bedeutender Träger des kulturellen Austauschs in den Fokus gerückt, der im Mittelalter die europäische Identität als Wissensgesellschaft begründet.
Das Projekt ALMA kombiniert Methoden der Linguistik, Textphilologie und Wissen(schaft)sgeschichte mit den Technologien der Digital Humanities und des Ontology Engineering. Es erarbeitet Handschrifteneditionen zu den exemplarischen Domänen 'Medizin' und 'Recht' und untersucht auf dieser empirischen Basis zentrale Konzepte und Begrifflichkeiten der einzelnen Wissensbereiche. Die historisch-philologischen Forschungsergebnisse werden für die Integration in das Semantic Web in Linked Open Data und in sprachunabhängige, historisierte Ontologien überführt, die nicht die moderne Welt abbilden, sondern der Spezifik mittelalterlicher Erklärungsmuster Rechnung tragen werden. Dies erweitert den potenziellen Nutzerkreis der Ontologien weit über den speziellen Bereich der Romanistik hinaus auf alle historisch arbeitenden Wissenschaften und spiegelt die wissensgeschichtliche Zielsetzung und interdisziplinäre Relevanz des Projekts.
«ALMA, realmente un proyecto con alma», Xavier Casassas Canals.