Studientag zu allographischen Texten des romanischen Mittelalters am 04.06.2024
Am Dienstag, den 04.06.2024, findet in Heidelberg, Hochschule für jüdische Studien, Landfriedstraße 12 (Raum S3), ein Studientag "Les textes allographes français et italiens au moyen âge" statt. Hier werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Akademieprojektes Bibelglossare als verborgene Kulturträger sowie des vom italienischen Wissenschaftsministeriums geförderten Projektes Manuscripta Italica Allographica (MIA) insgesamt sechs Vorträge halten.
Das Programm folgt, die Teilnahme ist ohne Anmeldung möglich.
Mittelaltertag der Universität Heidelberg
ALMA nimmt am diesjährigen Mittelaltertag der Universität Heidelberg teil, der am 08.06.2024 von 14:00 - 20:00 mit Aktionen auf dem Universitätsplatz und in der Neuen Uni stattfindet. Ein PDF mit dem Programm findet sich hier.
Vorlesung / Übung "Die Editionsphilologie: Ein Schlüssel zum Verständnis unserer Sprache und Geschichte"
Das Sommersemesters 2024 steht vor der Tür, und am 16.04.2024 beginnt die Vorlesung / Übung zur Editionsphilologie von S. Tittel, immer Dienstags 9-11 c.t., Romanisches Seminar Uni Heidelberg Raum 019. Gasthörerinnen und Gasthörer sind sehr willkommen.
Ob der Leser für die Lektüre des französischen Parzival zur zweisprachigen Textausgabe im Reclambändchen greift oder zu einer mehrbändigen wissenschaftlichen Ausgabe – er hält nicht nur verschiedenartige Bücher, sondern unter Umständen auch verschiedene Versionen desselben Textes in der Hand. Was dahinter steckt, sind Methoden und Schulen der Editionsphilologie, d.h. der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Erschließung von (historischen) Textquellen. Die Editionsphilologie ist ein Schlüssel für das Verständnis unserer Geschichte und Kultur, denn sie stellt die Textquellen nicht nur für die Sprach- und die Literaturwissenschaft, sondern auch für die Geschichtswissenschaft bereit. In der Geschichte der Editionsphilologie gibt es mehrere wissenschaftliche Schulen, die unterschiedliche Methoden der Textkritik, d.h. der praktischen Bearbeitung einer Textquelle, anwenden, um eine wissenschaftlich belastbare Edition zu erzeugen. Wir wollen diese Schulen mitsamt ihrer untereinander teils polemisch geführten Auseinandersetzung darstellen. Zudem werden wichtige Hilfswissenschaften wie die Kodikologie und die Paläographie skizziert. Ein besonderes Augenmerk wird auf dem wichtigen Wechselspiel zwischen der Editionsphilologie und der Lexikographie einerseits und der Editionsphilologie und der Geschichtswissenschaft andererseits liegen. Schließlich wird es auch um die Art der Erarbeitung und der Publikation einer Textedition gehen: traditionell und als Buch publiziert versus digital und online mithilfe von Technologien und Methoden aus dem Bereich der Digital Humanities publiziert. Die Veranstaltung hat einen gemischten Charakter aus Vorlesung und wissenschaftlicher Übung (in Einzel- oder Gruppenarbeit), die die gelernte Theorie in die Praxis umsetzen und darin verankern sollen: wir werden kleine Stücke aus mittelalterlichen Handschriften selbst edieren und konzipieren, wie eine größere wissenschaftliche Arbeit zu den von uns angeschauten Handschriften aussehen könnte. Um die Brücke von der Übung zur tatsächlichen Arbeitswirklichkeit zu schlagen, wird die Begehung eines Forschungsprojekts mit Schwerpunkt auf der Editionsphilologie ebenfalls Teil des Kurses sein.
Sommerschule zur Editionsphilologie in Klagenfurt, 15.-20. September 2024
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Die «École d’été 2024 - Philologie romane et édition des textes» wird an der Universität Klagenfurt in diesem Jahr vom 15. bis 20. September durchgeführt.
Die Sommerschule besteht bereits seit vielen Jahren und wird organisiert von Stephen Dörr (Heidelberg), Franz Lebsanft (Bonn), Richard Trachsler (Zürich), Raymund Wilhelm (Klagenfurt) und Fabio Zinelli (Paris). Sie erfreut sich großer Beliebtheit und zeitigt großartigen Erfolg darin, Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in der Editionsphilologie solide auszubilden und internationale Netzwerke zu formen. Die Arbeiten in der Sommerschule münden in der Regel in eine gemeinsame Buchpublikation.
Für genauere Informationen, s. den Flyer hier oder direkt auf der Website der Sommerschule.
Eröffnungsveranstaltung am 29.02.2024
Am Mittwoch, den 28. Februar 2024 um 18:30, findet im Ernst-Robert-Curtius-Saal des Romanischen Seminars (Raum 218) der Universität Heidelberg die Eröffnung des FRM Heidelberg statt: Prof. Dr. Raymund Wilhelm (Universität Klagenfurt) wird einen Eröffnungsvortrag mit dem Titel "Die Verbreitung von Diskurstraditionen und der Ausbau romanischer Kultursprachen - Religiöse Dichtung im quatrain monorime d’alexandrins im 13. und 14. Jahrhundert" halten. Die Veranstaltung ist offen für alle und das FRM Heidelberg freut sich auf einen regen Austausch mit großem Publikum bei einem Gläschen Wein.
Eröffnungsansprache, Stephen Dörr / Sabine Tittel:
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir, Sabine Tittel und ich, Stephen Dörr, freuen uns sehr, dass Sie unserer Einladung zur Eröffnung des Fokus romanistische Mediävistik gefolgt sind. Bevor wir das Wort an unseren Festredner Raymund Wilhelm übergeben, möchten wir Ihnen zunächst vermitteln, warum wir diese Einrichtung gegründet haben.
Wie Sie vielleicht wissen, haben Sabine und ich viele Jahre, sozusagen Schulter an Schulter, miteinander verbracht (genau gesagt: seit 1997, als Sabine ins Team dazukam). Wir waren Teil des Redaktionsteams des Dictionnaire étymologique de l’ancien français, des DEAF, der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, der ursprünglich von Kurt Baldinger 1965 gegründet worden war und von Frankwalt Möhren bis 2007, schließlich Thomas Städtler weitergeführt worden war. Die zweite Hälfte, das „Ostteam“ im Büro, das uns als „Westteam“ gegenübersaß, wurde über die längste Zeit gebildet eben von Frankwalt Möhren und Thomas Städtler (und weiteren Kollegen in der Zeit nach Frankwalt Möhrens Wechsel in den „Pseudo“-Ruhestand). Nach dem Abbruch des DEAF im Jahre 2020 wurden uns unterschiedliche Aufgaben zugewiesen: Sabine kam im Altgaskognischen Wörterbuch (DAG) und im "Nepal-Projekt" der Akademie der Wissenschaften und dann in einer Forschungsinitiative hier an der Heidelberger Uni unter, ich beim Lessico Etimologico Italiano (LEI) in Mannheim.
Zu unserer großen Überraschung und Freude konnten wir dann im Jahr 2022 bzw. 2023 zwei große Akademieprojekte einwerben: Sabine mit Maria Selig, bayerische Akademie der Wissenschaften, und Wolfgang Schweickard (mittlerweile ist auch Elton Prifti Teil des Projektleitungsteams), Mainzer Akademie der Wissenschaften, das Vorhaben ALMA — "Wissensnetze in der mittelalterlichen Romania", und ich mit Hanna Liss, Hochschule für jüdische Studien Heidelberg, das Projekt "Bibelglossare als verborgene Kulturträger".
Beide Projekte beschäftigen sich also mit dem Mittelalter und führen damit zumindest einen Teil der Inhalte des DEAF weiter. Darüber hinaus bemühen wir beide uns, auch die wissenschaftlichen Methoden – die Schule des DEAF – weiter umzusetzen und an den wissenschaftlichen Nachwuchs weiterzugeben. Dies wollen wir auch damit unterstützen, dass wir den Fokus romanistische Mediävistik heute offiziell ins Leben rufen. Das allein ist aber nicht der Grund gewesen, den FRM zu gründen. Vielmehr mussten wir in den letzten Jahrzehnten erfahren, dass gerade die Mittelalterforschung in der deutschsprachigen Romanistik sehr ins Hintertreffen geraten ist. Als Paradebeispiel kann hier die Editionsphilologie angeführt werden.
Wenn wir dies feststellen, befinden wir uns in guter Gesellschaft. So formulierte Franz Lebsanft 2012 in seinem Artikel Le xxie siecle: le crépuscule de la philologie romane en Allemagne?: "Du côté de la linguistique historique, ce sont surtout les grands projets de lexicographie historique qui maintiennent l’intérêt pour les études médiévales, même s’il faut avouer que cet intérêt est très relatif et qu’il occupe une position plutôt marginale dans l’enseignement universitaire [...]. D’autre part, les dictionnaires n’ont pas été les catalyseurs d’un renouveau des problèmes théoriques de la critique textuelle en Allemagne, ce qui, d’ailleurs, n’est pas leur tâche primordiale non plus".
Drei Jahre später schrieb Raymund Wilhelm, 2015, L’edizione dei testi nella romanistica tedesca: tendenze attuali e prospettive per un futuro incerto (con uno sguardo alla situazone italiana): "I grandi progetti lessicografici, come il DEAF o il LEI, che dipendono rispettivamente dall’Accademia delle Scienze di Heidelberg e da quella di Mainz, sono marginali, infatti, rispetto al mondo universitario. Inoltre questi progetti non sono sostenuti da grandi interessi teorici; nella critica del testo seguono per lo più – o seguivano fino a poco tempo fa – quello che potremmo chiamare un «bédierismo di comodo», limitandosi programmaticamente al singolo (neanche necessariamente il «migliore») testimone … La Romanische Philologie in quanto medievistica sopravvive, non sappiamo per quanto tempo ancora, soprattutto grazie a istituzioni extra-universitarie."
Damit also die romanistische Mediävistik wieder stärker wahrgenommen und damit auch wieder intensiver im Bereich des Mittelalters geforscht wird, haben wir uns entschlossen, unsere Kräfte unter dem Dach des FRM zu bündeln. Wir planen, jedes Jahr einige Tagungen und Vorträge zu organisieren und zu bewerben.
Neben dem heutigen Vortrag von Raymund Wilhelm können wir bereits für das Sommersemester, am 4. Juni 2024, einen Studientag an der Hochschule für jüdische Studien zu allografischen Texten des romanischen Mittelalters, vor allem in englischer und französischer Sprache ankündigen.
Sabine wird das Mittelalter nach wie vor in der Lehre zum Thema haben. Und wir können uns auch gut ein gemeinsames Engagement in der Lehre und für die Studentinnen und Studenten vorstellen. An dieser Stelle möchte ich auch auf die Klagenfurter Sommerschule zur Editionsphilologie hinweisen, in der die Teilnehmenden lernen, wie die Edition eines mittelalterlichen Textes zu erstellen ist [s. den Eintrag auf dieser Seite weiter oben].
Die Entwicklungen in der romanistischen Lehre, die es leider mittlerweile unmöglich machen, die Romanistik als zweiten Fachschwerpunkt des "Interdisziplinären Masters Mittelalterstudien" zu wählen, und jüngst die Diskussionen darüber, was gegen diese Entwicklung auf der Seite der Romanistik getan werden kann, zeigen, wie relevant es ist, die romanistische Mediävistik wieder zu stärken – in der Lehre und in der Forschung!
Den anwesenden Studentinnen und Studenten können wir schonmal sagen: Es gibt tolle Themen für Laufbahnschriften (Masterarbeiten, Doktorarbeiten), die sich um mittelalterliche Quellen und Themen drehen! Und damit übergebe ich nun sehr gerne an Raymund Wilhelm, der als ausgewiesener Mediävistik und Philologe zeigen wird, wie Sprach- und Literaturwissenschaft ineinandergreifen können!